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Alleine reisen: Weihnachten alleine auf Teneriffa

Kann man über Weihnachten alleine auf die Kanaren fliegen? Zum Fest der Liebe, wo Familie und vor allem die Zeit mit der Familie im Vordergrund stehen? Mit der Frage musste ich mich auseinandersetzen, als ich mit dem Gedanken spielte, Weihnachten alleine in der Sonne unter Palmen zu verbringen. Ich wollte schon immer mal dem »Weihnachtsstress« entfleuchen und hatte auch keine Lust mehr auf das Trübe und kalte Wetter in Deutschland. Ich empfand die Zeit für und mit mir alleine, besonders das alleine reisen, schon immer als sehr kostbar, wenngleich ich ein Familienmensch bin. Muss das also ausgerechnet über Weihnachten sein?

Je mehr ich darüber nachgedacht habe, je klarer wurde mir, dass »Weihnachten« und »man muss an Weihnachten Zeit mit der Familie verbringen« das Gewohnte ist. Die Komfortzone. Glaubenssätze, die uns in frühester Kindheit so vorgelebt wurden. Davon einmal ganz abgesehen: Ich verbringe auch ohne Weihnachten viel Zeit mit meiner Familie. Einfach, weil mir meine Familie wichtig ist und ich die gemeinsame Zeit sehr genieße. Schnell wurde mir klar: Ich brauche keine Weihnachtstage, um das zu tun. Ich muss auch Weihnachten nichts nachholen, was ich den Rest des Jahres vielleicht verpasst habe. Was also spricht dagegen?
Nichts.

Es ist wichtig, Erfahrungen zu machen

Man muss sich nur von dem Glaubenssatz lösen, Weihnachten unbedingt zusammen mit seiner Familie zu sein. Das war ich 40 Jahre jedes Jahr. Zeit, einmal etwas Neues auszuprobieren. Trotzdem hatte ich viele Fragen im Kopf: Werde ich mich an den Feiertagen einsam fühlen? Werde ich die Entscheidung bereuen? Um Antworten darauf zu bekommen, muss ich es erlebt haben. Also habe ich drei Wochen Teneriffa gebucht, über Weihnachten und Neujahr. Und wenn ich mich dort einsam fühle, dann ist es auch wichtig, das zu durchleben und damit klarzukommen. Am Ende findet man immer Gründe, warum man etwas nicht machen sollte, was einen aus der Komfortzone bringt. Und Weihnachten im Kreise der Familie ist Komfortzone. Es ist das, was man kennt. Das, was alle machen. Also muss es ja richtig sein. Spoiler: wer an Weihnachten die Menschen am Strand und in den Cafés sieht, der weiß: es gibt viele andere, die anders Weihnachten feiern.

Von dem Moment an, wo ich gebucht habe, habe ich mich gefreut. Auf neue Erfahrungen und eine tolle Zeit. Darauf, etwas anders zu machen und neue Eindrücke zu gewinnen. Ich war auch sehr gespannt, wie die Spanier selbst Weihnachten feiern und wie die Feiertage vor Ort sind. Ich habe darüber schon viel gehört, aber es selbst noch nicht erlebt. So oder so konnte der Trip also nur eine Bereicherung werden – und darauf war ich in voller Vorfreude.

Warum alleine reisen ein Weg zu sich selbst ist

Ich liebe es grundsätzlich, ganz alleine unterwegs zu sein und auch alleine »Urlaub« zu machen. Ich kann  nur jedem empfehlen, diese Erfahrung einmal selbst zu machen. Es ist ein starkes Gefühl der Freiheit. Man kann machen, was man möchte. Keine Kompromisse, keine Rücksicht – man kann vollends in den Tag reinleben und zu jeder Zeit genau das machen, was man möchte. Ein herrliches Gefühl! Natürlich muss man mit sich selbst auskommen können. Ich denke, das ist der Hauptgrund, warum es für viele Menschen unvorstellbar ist, alleine Urlaub zu machen. Oder grundsätzlich für eine gewisse Zeit im Leben  alleine zu sein. Wer alleine ist, muss sich irgendwann mit sich selbst auseinandersetzen und vor allem selbst beschäftigen können. Um das nicht machen zu müssen, wird ein Partner oder eine Partnerin gesucht. Verstehe mich nicht falsch: es spricht nichts gegen eine Beziehung. Aber viele Beziehungen beruhen darauf, dass der andere dafür da ist, einen glücklich zu machen und das Loch zu stopfen, das man selbst nicht stopfen möchte. Es ist angenehm, wenn jemand da ist, der einen von schlechten Gedanken und den eigenen Defiziten ablenkt. Deswegen scheitern meiner Meinung nach auch so viele Beziehungen, weil dieses Konzept langfristig nicht funktioniert. Wer mit sich alleine nicht auskommt, der kommt es auch nicht mit einem Partner.

Wer schon einmal alleine auf Reisen war, der weiß, wie viel man über sich selbst lernt und erfährt – im Guten wie im Schlechten. Wenn wir uns dann noch damit auseinandersetzen, warum wir so fühlen wie wir fühlen, findet ein innerliches Wachstum statt. Selbstliebe ist etwas, das häufig gesucht wird. Wer sie finden möchte, der muss bei sich selbst anfangen zu suchen und das wiederum geht nur mit sich alleine. Alleine reisen ist also auch immer eine Reise zu sich selbst. Diese Erfahrung musste ich vor einigen Jahren auch sehr schmerzlich machen. Aber sie war wichtig. Und wer Selbstliebe lernen möchte, der muss anfangen, Zeit mit sich selbst zu verbringen.

Was mich inspiriert hat

Zurück zu Weihnachten und Teneriffa: Die Feiertage in der Sonne bei 26 Grad waren fantastisch. Wären die Weihnachtsbäume und die Deko nicht da, wüsste man gar nicht, das Weihnachten ist. Am heiligen Abend lag ich mit hunderten anderen bis Sonnenuntergang am Strand. Abends war ich schick am Wasser essen. Manche hatten festliche Kleidung an, andere immer noch Badeklamotten – beides war okay. Beim Sonnenuntergang lief in den Strandcafés Weihnachtsmusik, was einerseits kitschig, andererseits aber auch schön war. Ein bisschen Tradition darf dann doch sein. Es gab auch viele, die allein waren, so wie ich. Aber genauso gab es auch viele Familien, die zusammen dort waren. Teilweise drei Generationen, die Weihnachten zusammen in der Sonne gefeiert haben. Ältere Menschen, die mit einer Gehhilfe am Strand waren und Zeit mit ihren Enkeln verbracht haben. Ein tolles Familienbild. Für mich war und ist das ein schöner Gedanke, mit meiner ganzen Familie mal unter Palmen Weihnachten und Neujahr zu feiern. Mit meinen Eltern, meinen Nichten, meiner Schwester, Ihrem Mann und auch seiner Familie – warum denn nicht? Vielleicht wird daraus auch eine neue Tradition – wer weiß das schon.

Alleine reisen bedeutet nicht, dass du auch alleine bist

Wenn ich erzähle, dass ich alleine verreise, bekomme ich häufig Dinge zu hören, wie: »Was machst du denn dann die ganze Zeit?« Etwas schmunzeln muss ich schon, wenn ich so etwas zu hören bekommen. Ist eine Reisegesellschaft denn dafür da, mich zu unterhalten und zu bespassen? Nein. Heißt ich mache das all das, was ich auch machen würde, wenn ich nicht alleine wäre. Wir denken immer, gewisse Sachen gehen nur zu zweit. Die mag es geben, aber das sind sehr wenige. Ich war früher bei meiner ersten Reise überrascht, dass man eigentlich alles auch alleine machen kann. Du kannst alleine Essen gehen, alleine am Strand liegen, alleine das Land erkunden, alleine Ausflüge machen, alleine Fotos machen – im Prinzip geht alles alleine. Diese Erfahrung selbst zu machen, ist von unschätzbarem Wert, denn sie macht frei. Und wirklich alleine muss man auch alleine nicht sein. Du kannst immer neue Leute kennenlernen. Einfach mal jemanden fragen, ob er ein Foto von dir machen kann und schon bist du im Gespräch. Bezogen auf mich alleine an Weihnachten: ich war zwar physisch nicht mit meiner Familie zusammen, aber dennoch war sie da. In Zeiten von WhatsApp und Facetime ist es dann auch kein Problem, sich mal zu sehen und gewissen Dinge miteinander zu teilen. Bedeutet: nur weil wir physisch alleine irgendwo sind, bedeutet das noch lange nicht, dass wir auch alleine sind. Es ist ein großer Unterschied zwischen »alleine sein« und »einsam sein«.

Mein Fazit: Alleine reise ist wunderbar – auch über Weihnachten

Nach den Erfahrungen fällt es mir aktuell schwer, daran zu denken, Weihnachten nochmal zu Hause zu sein. Die Zeit auf den ruhigen Kanaren war so entschleunigend. Eben auch, weil kein Massentourismus zu der Zeit ist. Man kann entspannt spazieren gehen, Sport machen oder arbeiten (ja, auch das habe ich an Weihnachten gemacht). Hier und da habe ich auch ein paar Eindrücke über Social Media geteilt. Ich bekam zahlreiche Nachrichten, wie ich denn über Weihnachten verreisen kann. Ich würde gerne in die Köpfe derer schauen, die das geschrieben haben. Ich glaube tief in ihrem Herzen hätten viele auch gerne in der Sonne sein wollen. Aber das passt nicht in das gängige Weihnachtsbild (Glaubenssätze), also muss man Unverständnis zeigen. Am Ende habe ich wieder mal gemerkt, wie gefangen viele doch in ihren Glaubenssätzen sind und nicht den Mut haben, mal etwas auszuprobieren. Und ich bleibe dabei: ich brauche keine Weihnachtstage, um Zeit mit meinen Liebsten zu verbringen. Für mich bleibt es eine tolle Erfahrung, die ich nächstes Jahr definitiv wiederholen werde.

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